Die Ethos Stiftung veröffentlicht heute ihre Stellungnahme im Hinblick auf die Vernehmlassung über die Verordnung zur Klimaberichterstattung. Ethos begrüsst den Willen des Bundesrates, im Bereich der nichtfinanziellen und klimabezogenen Berichterstattung der Unternehmen gesetzgeberisch tätig zu werden. Ethos bedauert jedoch, dass der aktuelle Entwurf die Unternehmen nicht verpflichtet, alle ihre Treibhausgasemissionen - auch die indirekten - zu veröffentlichen oder die Informationen von einer unabhängigen Drittpartei überprüfen zu lassen.
Nach der Ablehnung der Konzernverantwortungsinitiative im November 2020 machte sich der Bundesrat daran, den vom Parlament angenommenen indirekten Gegenvorschlag umzusetzen. Er beauftragte das Eidgenössische Finanzdepartement mit der Ausarbeitung einer Verordnung, um die Verpflichtungen von in der Schweiz ansässigen Grossunternehmen bezüglich Klimaberichterstattung zu präzisieren. Die Verordnung, die auf den Empfehlungen der Task Force zur Klimaberichterstattung (TCFD) basiert, soll «aussagekräftige und vergleichbare Daten zu Klimabelangen und Klimazielen» fördern. Die Verordnung ist bis zum 7. Juli 2022 in Konsultation und soll ab dem Geschäftsjahr 2023 gelten.
Die Ethos Stiftung, die über 230 Pensionskassen mit einem Gesamtvermögen von mehr als CHF 350 Milliarden vereint, ist von dieser Verordnung in doppelter Hinsicht betroffen. Als Vertreterin der Vorsorgeeinrichtungen an den Generalversammlungen kotierter Unternehmen wird sie Stimmempfehlungen zu den Nachhaltigkeitsberichten abgeben müssen, die dem Aktionariat zur Genehmigung vorgelegt werden. Zudem werden die von den Unternehmen veröffentlichten Informationen wesentlich dazu beitragen, dass die Pensionskassen, die Mitglieder und Kunden von Ethos sind, über ihre eigenen Treibhausgasemissionen (THG), die sie durch ihre Anlagen finanzieren, Rechenschaft ablegen können.
Die Ethos Stiftung begrüsst daher die Absicht des Bundesrates, für Unternehmen ab einer gewissen Grösse eine Offenlegungspflicht für klimabezogene Informationen einzuführen. Dabei sollen nicht nur die finanziellen Risiken berücksichtigt werden, welche der Klimawandel für die Geschäftstätigkeit der Unternehmen mit sich bringt, sondern auch die Auswirkungen, welche die eigenen Geschäftstätigkeiten auf das Klima haben können (doppelte Wesentlichkeit).
Vollständigkeit und Prüfung der veröffentlichten Angaben
Die Ethos Stiftung ist jedoch der Ansicht, dass die Verordnung nicht ausreicht, damit die Anleger und Anlegerinnen die Wirksamkeit der Klimapläne der Unternehmen wirklich beurteilen können. Sie garantiert nicht, dass ausreichend detaillierte, vergleichbare und relevante Angaben zum Klima veröffentlicht werden. Dies ist jedoch die einzige Möglichkeit für Investierende, die gesamte Leistung eines Unternehmens und seine Fähigkeit, sein Geschäftsmodell auf den Übergang auszurichten, der notwendig ist, um das schweizerische und globale Ziel eines Netto-Null-THG-Ausstosses zu erreichen, zu bewerten.
In ihrer öffentlichen Stellungnahme (auf Französisch) ist die Ethos Stiftung insbesondere der Ansicht, dass die Verordnung in den folgenden Punkten zu verbessern ist:
- Die Verordnung ist wenig präzise und enthält lückenhafte Formulierungen wie "soweit möglich und sachgerecht", wodurch die betroffenen Unternehmen eine umfassende Veröffentlichung ihrer THG-Emissionen vermeiden können. Insbesondere ist Ethos der Ansicht, dass es für Unternehmen verpflichtend sein sollte, Reduktionsziele für alle THG-Emissionen festzulegen und zu veröffentlichen, einschliesslich der indirekten Emissionen, die mit der Verwendung ihrer Produkte oder ihren Lieferketten in Verbindung stehen. Der aktuelle Entwurf sieht jedoch vor, dass umfassende THG-Emissionen, einschliesslich der wichtigsten Scope-3-Emissionen, nur "soweit möglich und sachgerecht" veröffentlicht werden müssen;
- Ethos ist der Ansicht, dass die Veröffentlichung von Zwischenzielen zur Reduktion der THG-Emissionen über 5, 15 und 30 Jahre ebenfalls obligatorisch sein sollte. In der aktuellen Version des erläuternden Berichts wird jedoch erwähnt, dass die Einführung solcher Zwischenziele nur "idealerweise" gemacht wird;
- Die Verordnung sollte eine Veröffentlichung der THG-Emissionen mindestens für die letzten zwei Jahre vorschreiben. Nur so können Anleger die Entwicklung auf einer «like-for-like» Basis vergleichen, wie es in der Finanzbuchhaltung der Fall ist;
- Die Verordnung sollte die unabhängige Überprüfung der Klimaberichterstattung obligatorisch machen. Um die Zuverlässigkeit der veröffentlichten Angaben zu gewährleisten, sollten die von der Verordnung betroffenen Unternehmen nach Ansicht von Ethos verpflichtet werden, diese von einer unabhängigen Drittpartei prüfen zu lassen. Diese obligatorische Prüfung ist im Übrigen auch in der europäischen CSRD-Richtlinie vorgesehen. Die Richtlinie der EU verlangt vom Rechnungsprüfer eine «limited assurance» in Bezug auf die von einem Unternehmen veröffentlichten Nachhaltigkeitsinformationen abzugeben. Diese Anforderung sollte daher auch in die Schweizer Verordnung übernommen werden;
- Ethos bedauert auch, dass die Frage der Genehmigung des Berichts über nichtfinanzielle Angelegenheiten durch ein Unternehmensorgan in der Verordnung nicht angesprochen wird. Das Obligationenrecht (Art. 964c) betont nämlich, dass dieser von dem für die Genehmigung der Jahresrechnung zuständigen Organ, also der Generalversammlung, genehmigt werden muss. Es ist jedoch nicht klar festgelegt, ob der Bericht im Rahmen einer verbindlichen oder konsultativen Abstimmung durch die Aktionärinnen und Aktionäre genehmigt werden muss. Für die Ethos Stiftung deutet die Tatsache, dass der Bericht vom «für die Genehmigung der Jahresrechnung zuständigen Organ» genehmigt werden muss, jedoch eher darauf hin, dass die Abstimmung an der Generalversammlung bindend sein wird, wie dies auch bei der Abstimmung über die Jahresrechnung der Fall ist.